Zartes Strahlen mit Selen

Subtle Glow – Selen.

Wie immer man „glow“ auch übersetzen mag, als Glühen, Strahlen, Glänzen, Schimmern, Glimmen oder Leuchten, ist letztlich unerheblich. Bei meinen ausgewählten Probebildern bieten eigentlich nur die ersten dieser Zoo-Serie ein solch angedeutetes Phänomen. Dabei spielt die offene Blende des Objektives offensichtlich eine kleinere Rolle als die Distanz und Freistellung zum Hintergrund.

Ich bin auf die Idee gekommen, alte Zoo-Aufnahmen mit der X-T2 und dem XF 50-140 mm / f 2,8 noch einmal rauszukramen, nachdem ich gestern ein SW-Fotobuch aus dem Kehrer Verlag erhielt: „All the Things You Are“ mit teils beeindruckenden Tierporträts (aus dem Zoo Kopenhagen) von Fie Johansen. Einige ihrer Porträts zeigen ein verblüffendes Strahlen, die eine Anmutung von etwas Übernatürlichem vermitteln. Was tatsächlich von ihren RAW-Dateien den geschilderten Anforderungen „leaving untouched as possible“ erfüllt, bin ich nicht sicher. Von manchen Porträts war ich fasziniert, andere Aufnahmen sind Schilderungen von Alltagsbegebenheiten. Die sehr warmtonig gehaltenen, homogenen SW-Aufnahmen beeindrucken, weil ihr eine Balance zwischen Detailzeichnung und Weichheit der Bildgestaltung gelingt. Die Durchzeichnung der schwarzen Tiefen in den Aufnahmen ist beachtlich.

Handwerklich war mir nicht ganz klar, wie das Strahlen in einige ihrer Aufnahmen gelangt ist. Zweifellos war einer ihrer Arbeitsschritte „dodge and burn“. Ich habe mich an eigene Versuche gemacht, um diesem seltsamen Phänomen der „flimmernden Unschärfe“ auf den Grund zu gehen. In der Update-Version von Silver Efex Pro 3 der neuen NIK Collection von DxO hatte ich einige Presets gefunden, die hierfür in Frage zu kommen schienen. Gelandet bin ich letztlich bei „Subtle Glow“.

Wer fotografisch in analogen Zeiten groß geworden ist und sich mit der SW-Fotografie intensiver beschäftigt hat, kann sich möglicherweise noch an die Selen-Tonung erinnern. Vordergründig wurde die längere Haltbarkeit der Abzüge als Grund für den Einsatz genannt. Das konnten andere Tonungsmaterialien teils besser. Nach den anfänglichen neutral-schwarzen Papieren von Agfa, später Tetenal, die mir im PE-Bereich dann doch „zu kühl“ wurden, habe ich eine zeitlang mattes Multibrom-Papier benutzt, das mir zwar vom neutralen Schwarz gefiel, mir aber teils „zu flau“ erschien. Um diese Papierabzüge brillanter, die Tiefen differenzierter und das Schwarz schwärzer (höhere Dichte / Dmax) zu machen, habe ich dabei manchmal (mit einer langsamen Lernkurve) zu verdünnten Selen-Lösungen gegriffen.

Die Selen-Tonungen, die mit Silver Efex nachgebildet werden, sind bis zu einem gewissen Grade gelungen, auch mit dem übertriebenen Farbstich bei zu starker Tonung. Allerdings lässt sich die Varianz abweichender Farben bei Selen-Tonungen, in Abhängigkeit z.B. von einem Warmtonpapier und/oder einem Warmtonentwickler nicht ohne weiteres mit einem Klick reproduzieren.


Notizblog

Aus einer alten Bilderserie habe ich Aufnahmen herausgesucht und in Capture One modifiziert, insbesondere die starken Kontraste ausgeglichen, zumindest, soweit das die JPG-Dateien zuließen. Alle Dateien wurden dann an Silver Efex Pro 3 übergeben und hier zu verschiedenen SW-Versionen weiter bearbeitet.

Die Unterschiede zwischen einer neutralen SW-Entwicklung und dem Preset „Subtle Glow“, ergänzt durch die Imitation einer leichten Selentonung sind dieser Gegenüberstellung zu entnehmen:

In der folgenden Bildserie werden die einzelnen Schritte von der Farbversion, über die neutrale SW-Version zu den 3 unterschiedlichen Stärken der Software seitigen „Selen-Tonung“ nachgezeichnet:

So geeignet diese Art der Entwicklung für das dominierende dunkle Fell der Primaten sein kann, so sehr „erdrückt“ die „Düsternis“ das kleine Mümmelmännchen mit der Möhre, das mir in der neutralen SW-Variante mehr zusagt. Außerdem ist ein globales Preset erbarmungslos gegenüber einem bewusst unscharf gehaltenen Hintergrund, der dadurch wieder viel zu unruhig wird – somit auch alle vorhergehenden Schritte der Hintergrundmaskierung (negative Klarheit-/Dehaze-/Struktur-Regler) zunichte macht.

 

 

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