Aufnahmen vor Ort mit dem Finar.
Eine Finette für die Sammlung von Sarabèr-Kameras aus Goslar zu finden ist nicht einfach und erfordert Geduld. Ein äußerlich gut erhaltenes Exemplar zu ersteigern, das nach dem magischen Tropfen Öl an der richtigen Stelle auch noch funktioniert, das ist wirklich eine Besonderheit. Und wenn mit dieser alten fragilen Kamera auch noch ein Film belichtet werden kann, selbst mit den heute kaum mehr vorstellbaren Einschränkungen, die die fixe Blende und die feste Belichtungszeit der Finette mit sich bringen, dann ist das wirklich eine Einmaligkeit – zumindest nach meinen bisherigen Recherchen.
Ausführliches zur Geschichte der Finette hatte ich bereits in einem früheren Blogeintrag geschrieben:
Im Internet ist ansonsten nicht allzu viel über die alten bzw. ersten Serien der Sarabèr-Kameras aus Goslar zu lesen. Cheyenne Morrison in Ausstralien, der einen ausführlichen Artikel über die Finetta 99 veröffentlicht hat, teilte mir z.B. mit, dass ihn die ersten Serien der Finettas wegen ihrer Einfachheit überhaupt nicht interessieren würden. Bildmaterial, das aus einer Finetta stammt, findet man erst ab dem Modell Finetta IV und jünger. Eine gute Informationsquelle, die auch immer wieder aktualisiert wird und sich u.a. mit Finettas befasst, ist dagegen die Webseite von Cees-Jan de Hoog, der neben der bereits mehrfach zitierten Finetta-Monographie von Heinz Veddeler zahlreiche Details mit einer erstklassigen Bilddokumentation kombiniert:
Objektive der Finette (nach H. Veddeler)
Linke Spalte:
Fenar – Sehr frühe Exemplare besitzen noch eine schwarze Konuseinfärbung, danach gab es einige wenige in Vollchromeausführung, bevor die Gravur um die Lichtstärke ergänzt wurde (1:11).
Rechte Spalte:
Finar – mit Gravur Achromat. Es sind einige wenige ohne Achromat-Gravur bekannt. Frühe Ausführungen auch ohne Lichtstärkenangabe, die folgenden mit der Gravur 1:5,6. Die späteren mit einem *.
Bild- und Textmaterial aus dem Buch Finetta, Peter Sarabèr, Kamerawerk Goslar 1948-1956, Privatdruck Rhauderdehn 2013 – mit freundlicher Genehmigung des Autors Heinz Veddeler.
An meiner älteren Finette Nr. 4665 ist ein Objektiv mit der Bezeichnung „Finar“ ohne den Zusatz „Achromat“ montiert; so auch an der Finette von – fotodisc-, mit der die folgenden SW-Negative belichtet wurden. An meiner zweiten Finette Nr. 5314 befindet sich ein „Achromat Finar 1:5,6 f = 4,3 cm *“. Während bei meinem älteren Exemplar Verschluss und Auslöser defekt sind, fehlt bei meiner neueren Finette, die ansonsten in gutem Zustand ist, leider eine der beiden Fixierungsschrauben am Objektivkonus, so dass die Farbpunkt-Rastblende überdreht werden kann und das Objektiv schief von der Feder in die Halterung gedrückt wird.
Auch nach der Lektüre von Veddelers Finetta-Monographie ist nicht ganz sicher, um welche Objektiv-Konstruktion es sich bei dem Finar (ohne den Zusatz Achromat) handelt. Die Auflösung gibt Veddeler nicht auf den Seiten der Finette, sondern möglicherweise auf der folgenden, wo er die Unterschiede der Typen Finetta 1A bis IID skizziert. Dort schreibt er von dem „Meniskus Fenar“ und dem „Achromat Finar“; beide jeweils mit Fixfokus. Ich gehe also davon aus, dass es sich bei dem „einfachen“ Finar-Objektiv auch um ein Achromat handelt. Nach Veddeler wurden Fenar und Finar sowohl in der Finette, als auch in den ersten Serien der Finetta I eingebaut. Wegen der zahlreichen Variabilitäten bei der Herstellung dieser Kameraserien ist es also durchaus denkbar, dass die Objektive Fenar und Finar in der Anfangsphase nicht auch zwangsläufig verschiedene Konstruktionen aufweisen müssen.
Menisken sind Linsen mit einer konvexen und einer konkaven Oberfläche. Achromate werden dagegen aus zwei sphärischen Linsen zusammengesetzt, die jeweils aus unterschiedlichen Materialien bestehen und die häufig mit einem durchsichtichtigen Material verklebt („verkittet“) sind. Auf der Webseite von DoroTEC.de ist unter den Datenblättern eine kurze erklärende PDF-Datei zur Linsenkunde zu finden. Ausführlicheres wird über das Achromat-Objektiv auf Wikipedia geschrieben.
Wenn man die einleitenden Sätze noch toppen wollte, dann könnte man formulieren: eine noch größere Seltenheit wäre es, wenn man ein funktionierendes Exemplar einer Finette mit einem Fenar finden würde.
Wegen der Besonderheit von Originalaufnahmen mit einem alten Finar und einer Finette bzw. Finetta habe ich mich entschlossen, diesen Beitrag ausschließlich mit Bildern von -fotodisc – zu bestücken, die er mir freundlicherweise hierfür zur Verfügung gestellt hat. Das sind zum einen die Bilder von der gut erhaltenen Finette und Finetta I selber, aber auch die Aufnahmen, wie sie mit der Kombination Finar-Finette/Finetta und dem AGFA APX 100 in Eigenentwicklung und der Digitalisierung durch einen Flachbettscanner entstanden sind.
– Weiterlesen – … „Finette Nr. 2516„
Stefan Kuschel
Hallo, seit zwei Tagen bin ich auch stolzer Besitzer einer „Finette“, eben die alte mit dem „e“ am Ende. Die Objektivbeschriftung lautet Achromat Finar 1:5,6 f=4,3 cm , ohne den *Stern, mit den farbcodierten Blenden. Sie hat auch nur den Klickverschluss und trägt die Seriennummer 006300. Der Auslöser ist glatt ohne Drahtauslöser-Gewinde. Innen im Gehäuse über dem Lichtschacht steht P.Sarabèr 90-014/2, unten Made in Germany. Der Auslösermechanismus ist mit Bakelit verkleidet, mit der Beschriftung „Patent“. Sie ist noch voll funktionsfähig und in einem alten Lederetui. Ich schätze mal, sie ist von 1949; für 1948 wird das Objektiv vermutlich nicht passen (?). Falls Jemand Näheres weiß, freue ich mich über Infos. Ich bin schon gespannt auf die ersten Fotos.
Siegfried Müller
Moin Herr Kuschel.
Ich habe heute erst Ihren Kommentar gesehen.
Es ist schon bemerkenswert, dass ich über die am wenigsten verbreitete Kamera-Serie von Sarabèr die meisten Rückmeldungen erhalte.
Neben der Monografie von Heinz Veddeler kenne ich nur noch die Webseite von Cees-Jan de Hoog (http://www.cjs-classic-cameras.co.uk/finetta/finetta.html#finette), die nähere Informationen bietet.
Gibt es die Fotos irgendwo/-wann zu sehen?
Gruß.
S. Müller