Es war einmal

Die Mär vom Deutschen Wald.

Wie kann es sein, dass im Land der selbsternannten Meister des Waldes, der geborenen Waldversteher so viele tote Baumskelette zu finden sind und die tieferen Höhenlagen der Mittelgebirge großflächig kahl und brach daliegen?

´Germany´s trees are dying. A fierce debate has broken out…` war kürzlich in der Überschrift eines SCIENCE-Artikels zu lesen. Kann es sein, dass Kritiker der konventionellen Forstwirtschaft im Kern recht haben, wenn sie sagen, dass Waldbau eine ´Wette auf die Zukunft` sei, dass die Wald-Wetten der vergangenen Jahrzehnte nicht aufgegangen sind und Waldbesitzer und Forstwirte sich verzockt haben? Die Frage ist müßig, ob man die Entwicklungen in Folge des sich abzeichnenden Klimawandels hätte vorher sehen müssen. Die Frage, wie historisch der extensive Anbau von Fichtenplantagen zu erklären ist, wird heute ohnehin kaum noch gestellt. Entscheidend sind dagegen heute die Konsequenzen, ganz konkret und aktuell, wie man mit den bestehenden Zerstörungen umgeht: tote Bäume liegen lassen und Gespensterwälder akzeptieren oder im großen Stile mit schweren Maschinen abholzen und so riesige Kahlflächen erzeugen?

Wir waren Mitte Dezember einmal wieder im Harz und zwar in Oderbrück Nord, von wo aus wir eine Wanderung zum Bodebruch, dem Quellgebiet der Bode, genauer der Warmen Bode unternommen hatten. Ohne weitere Informationen hatte ich nur das Trostlose und Düstere dieses abgestorbenen Waldes gesehen und fotografiert. Die Aufnahmen, die auch das mittendrin wieder aufsprießende Grün enthalten, waren in der Minderheit. An deren Präsentation hatte ich zunächst nicht gedacht, war dann letztlich aber dem PRINZIP HOFNNUNG gefolgt.

Der neu entstehenden Wildnis beim Wachsen zuzuschauen.

Auffällig sind die teils hellen abgebrochenen Stämme, die wie ausgebleichte Baumskelette in der Sonne leuchten können. Auf der Webseite des Nationalparks Harz spricht man von „Silberstämmen“, zwischen denen ´neues Leben keimt` und eine ´neue Wildnis heranwächst`.

Informati0nsblätter vom Natonalpark Harz:  Hier entsteht Wildnis!  –  Waldentwicklung Harz  – Wald im Wandel zur neuen Wildnis

Holzernte.

In den tieferen Lagen des Harzes, unterhalb des Nationalparkes gelten ganz offensichtlich andere Prinzipien. Man erschreckt fast noch mehr angesichts der weiten Kahlflächen.

Auf der Webseite der Niedersächsischen Landesforsten erfährt man, dass über 60% der Holzernte aus Nadelholz (Fichte und Kiefer) besteht. Bei den Laubbäumen stellt die Buche mit 18% den größten Anteil. 74 % des Holzes werden mit Harvestern geerntet, wobei diese nur zu 20% den Landesforsten gehören. Die Hälfte der Maschinen wird von Forstunternehmen betrieben. 61% der Ernte wird als Sägeholz für z.B. Dachstühle oder andere Holzkonstruktionen verwendet. Das qualitativ mindere Industrieholz, das nicht mehr gesägt werden kann, wird z.B der Zellstoffgewinnung für die Papierindustrie zugeführt oder, mechanisch zerkleinert, zu Holzplatten (z.B. OSB) gepresst. 4% der Holzernte, zumeist Buchenholz, wird als Brenn- bzw. Energieholz verwendet.

Konflikte zwischen Forstbetrieben und Nationalpark waren bei den gegensätzlichen Interessen zu erwarten. So wurde eine 500 m breite Borkenkäfer-Sicherheitszone eingerichtet, wie auf diese Gebietskarte zu erkennen ist. Lassen sich die Entwicklungen im Naturpark mit der Entstehung einer ´neuen Wildnis` nachvollziehen, wenn man seinen Blick hierfür öffnet, so bleibt noch unbeantwortet, welche Konsequenzen von der Waldwirtschaft bezüglich der großen brach liegenden Fächen unterhalb des Nationalparks gezogen werden.

Über 1000 Jahre Montanindustrie im Harz.

Ich erinnere mich noch an eine Bergwerkführung irgendwo in der Toskana am Anfang der 1980er Jahre. Die Führung blieb mir deswegen in Erinnerung, weil ich über die Schilderung der Bergwerkgründung am Ende des 13. Jahrhunderts mit Hilfe von ´Facharbeitern` und ´Gastarbeitern` aus dem Norden, speziell dem Harz so erstaunt war. Kürzlich sah ich dann einen Bericht über ein Bergwerk in Nord-Norwegen, das im Hochmittelalter nur mit Bergleuten aus dem Harz in Betrieb zu nehmen war. Zu diesen Zeiten gab es im Harzraum bereits mehrere Jahrhunderte Montanindustrie. Das wird auch daran deutlich, dass das Bergwerk Rammelsberg nach über 1000 Jahren kontinuierlichen Betriebs erst im Jahre 1988 still gelegt wurde. Es zählt nunmehr zum UNESCO-Welterbe im Harz. Mit der Montanindustrie eng verknüpft war die Holzindustrie, die den hohen Bedarf der Bergwerke an rasch und gerade nachwachsendem Holz decken musste, aber auch die Köhler, welche wiederum die für die Verhüttung der Erze notwendige Energie (Holzkohle) zu liefern hatten. Sie waren somit zwei Hauptursachen für die Abholzung des ursprünglichen Laub-Urwaldes und die Umstrukturierung zu rasch nachwachsenden, großflächigen Nadelholzplantagen.

Kahlschlag im Nationalsozialismus.

Zwar wurde der Deutsche Wald von den Nationalsozialisten ideologisch und propagandistisch vereinnahmt, das hinderte sie jedoch nicht daran, im Rahmen des Vierjahresplans ab dem Jahre 1936 für die Schwerindustrie und Bauwirtschaft mit dem Kahlschlag der deutschen Wälder ohne Nachhaltigskeit- oder Naturschutzsaspekte zu beginnen. Die eingehämmerte Propaganda wirkt möglicherweise noch nach, denn Erinnerungen daran scheinen verdrängt zu sein.

Reparationshiebe.

Was dagegen älteren Bewohnern vor Ort in Erinnerung blieb, sind die ´Reparationshiebe`, die in den unmittelbaren Nachkriegsjahren den Kahlschlag der Kriegsjahre noch einmal ganz erheblich erweitert hatten. Die Holzeinschläge waren Teil der Reparationen, die nach dem Potsdamer Abkommen 1945 aufgebracht werden mussten. Da Niedersachsen damals britische Besatzungszone war, gingen die Holzlieferungen zunächst mit der Bahn, dann per Schiff nach Großbritannien (´Engländerhiebe`). Das seinerseits litt während des Krieges unter Holzmangel, da die eigenen Wälder bereits gerodet oder abgeholzt waren und der Nachschub aus Amerika während der Kriegsjahre ausblieb. Für den Ostharz in Sachsen-Anhalt werden Fällungen von Hartholz und dessen Lieferung nach Russland berichtet. Der ´nachhaltige Hiebsatz` im Harz wurde so in den Jahren 1947 und 1948 mit 200 % weit überschritten (Timo Sievers und Dr. Friedhart Knolle).

Kulturfrauen.

Heute wird sich nur noch eine Minderheit an die 50-Pfennigmünze aus der D-Mark-Ära erinnern. Sie zeigte auf der Rückseite wie eine Frau auf Knien einen Baumsetzling pflanzt. Die dargestellte Mini-Eiche entspringt dabei sicher mehr der Idee der Deutschen Romantik als der forstwirtschaftlichen Historie, denn die Kulturfrauen pflanzten in ´schnurgeraden Reihen` zumeist schnell wachsende Fichten und Kiefern. Die heute gut 70 Jahre alten Wälder, die geerntet werden können oder mittlerweile bereits den Umweltzerstörungen zum Opfer geworden sind, stellen daher u.a. auch eine Folge der verbreiteten Not der unmittelbaren Nachkriegsjahre dar.

Waldumbau.

Das Waldsterben der letzten Jahren hat die Nodwendigkeit eines Waldumbaus in den Vordergrund gehoben. Neben wirtschaftlichen Interessen spielten schon länger auch soziale und ökologische Gesichtspunkte eine Rolle. Welche Bedeutung die heimischen Wälder durch ihre Kühleigenschaften und die Feuchtigkeitsgewinnung für das kokale Klima haben, ist erst durch Untersuchungen der letzten Jahre erkannt worden.

Wald in der Krise – Die gemeine Fichte.

Welche der gegensätzlichen und scheinbar kaum vereinbaren Interessen sich beim Waldbumbau durchsetzen, ob und welche Kompromisse hier möglich sein werden, ist in Diskussion. Ausgehend von dem Artikel über die ´gemeine Fichte` kann man sich u.a. in dem Blog ´Forst erklärt` und dem zugehörigen YouTube-Kanal, beide von drei Studenten der Forstwirtschaften in Göttingen betrieben, informieren. Ein anschauliche Übersichtsgrafik mit dem Titel ´Ökosystemleistungen des Waldes` ist auf der Webseite der Stiftung Unternehemen Wald zu finden.


Notizblog

Alle Aufnahmen stammen aus der Fujifilm X100V mit dem nicht wechselbaren Fujinon 23mm/f2. Das diffuse Licht durch den Hochnebel wurde im Laufe des Weges immer heller und machte der Belichtungsautomatik zunehmende Probleme. Die Belichtungskorrekturen mit plus 0,3 bis 1 Blendenstufe am eigenen Drehrad waren unter diesen Bedingungen nicht ausreichend, so dass die RAW-Dateien nach dem Importieren in Capture One immer noch zu dunkel wirkten. Um das teils durchscheinende Sonnenlicht korrekt darzustellen, musste die Belichtung in C1 also nochmals angehoben werden. Für die Durchzeichnung der schattigen Tiefen war eine Anhebung des zugehörigen Reglers erforderlich. Der Dehaze-Regler entschied über das Maß an Klarheit im Vordergrund und dem Dunst des durch die Sonne fahl leuchtenden Nebels im Hintergrund.

Bei der ersten Bildgalerie war der endgültige Look ein Produkt von Modifikationen innerhalb von NIK Color Efex Pro 4 mit seinen beiden Presets ´Natur, High Key, Stark` und ´Reisen, Vignette: Lens, abgedunkelt 01`. Die zwei High-Key-Regler wurden dabei ganz diskret zurück genommen, dafür der Schwarzregler leicht angehoben. Das Preset für die Vignette wurde in seiner Einstellung belassen.

Die Aufnahmen der zweiten Bildgalerie bekamen in C1 die Filmsimulation ´Astia (SOFT)` mit einer geringen Sättigungsanhebung. Innerhalb von Color Efex Pro 4 wurde dann zunächst das Prest ´Tonal contast` aktiviert, danach ´Brilliance/Warmth` mit ´Sättigung erhöhen`.

Das Beitragsfoto erhielt sein Finish in Silver Efex Pro 3 durch das angepasste Preset ´Voller Kontrast und Struktur`.

Diesmal habe ich bei der neuen Installation der NIK-Software den Schalter für die „nicht destruktiven Bearbeitungen“ der TIFF-Dateien aktiviert, so dass auch im Nachhinein Korrekturen an den Bearbeitungen erfolgen können. Früher hatte ich mich aus Gründen der Geschwindigkeit mit dem Einsatz der farbigen NIK-Software zurück gehalten und jeweils nur 1 Bild bearbeitet und dann fertig abgeschlossen. Die Geschwindigkeit des M1-Pro-Prozessors im neuen MacBook Pro lässt aber die Bearbeitung ganzer TIFF-Serien mit mehreren Presets ohne Zeitverlust zu. So sind jetzt auch einzelne nachträgliche Korrekturen an TIFFs möglich. Alles in allem ergibt sich mit den Möglichkeiten von Capture One und der NIK-Software eine schier unendliche Vielfalt an Experimenten, die kaum zu überblicken und noch schwerer zu erinnern ist .

 

 

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